Air Awoken (Die Chroniken von Solaris 1) by Elise Kova

Air Awoken (Die Chroniken von Solaris 1) by Elise Kova

Autor:Elise Kova
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen
veröffentlicht: 2022-03-22T00:00:00+00:00


SECHZEHN

Sareem küsste sie.

Es schien der unwahrscheinlichste, unmöglichste und abwegigste Gedanke zu sein, doch so wie Vhalla gerade dastand – an die Tür gedrückt, Sareems rechte Hand neben ihrem Gesicht, die linke an ihrer Hüfte –, war es eine unleugbare Tatsache. Seine Lippen waren weich und sein Atem heiß auf ihrer Wange.

Vhalla versuchte die Augen zu schließen; sie versuchte, den Kuss zu genießen. Aber ihr Mund weigerte sich zu gehorchen, es fühlte sich falsch an, und als Sareem sich schließlich von ihr zurückzog, lehnte sie sich gegen die Tür und kam sich ziemlich töricht vor. Es war eine Weile her, seitdem sie zuletzt geküsst worden war. Vielleicht lag es daran; ihre Unbeholfenheit war sicher darauf zurückzuführen, dass sie aus der Übung war. Und überhaupt – sie hatte sich ohnehin noch nie für eine versierte Küsserin gehalten.

Es war allerdings frustrierend, dass sie nicht das geringste Knistern zwischen ihnen spürte. Vielleicht würde das mit der Zeit noch kommen. Sareems Zuneigung war liebenswert, auch wenn er große Probleme mit ihren magischen Fähigkeiten hatte. Vhalla kannte viele Menschen in langen, glücklichen Beziehungen ohne glühende Leidenschaft.

»Sareem …«, stieß sie schließlich hervor.

»I-ich hoffe, ich war nicht zu forsch.« Er richtete sich auf und wandte verschämt den Blick ab.

Endlich bekam Vhalla wieder richtig Luft. »Ich-deine-ich bin sehr gerührt, weil du dir solche Sorgen um mich gemacht hast.« Das war hoffentlich ein guter Anfang. Sareem sah sie erwartungsvoll an. Vhalla versuchte das seltsame Schuldgefühl, das bei seinem sehnsüchtigen Blick in ihr aufstieg, mit Macht zu unterdrücken. Sie hätte ihn gern abgewiesen, hatte aber keinen vernünftigen Grund dafür. Schließlich war sie nicht vergeben und wenn sie den gesellschaftlichen Erwartungen an eine Frau gerecht werden wollte, war dies die Gelegenheit. »Wenn du mich so akzeptierst, wie ich bin, als Magierin, dann können wir gern etwas zusammen unternehmen. Nur wir beide.« Vhalla musste ihre Zunge dazu zwingen, die Worte zu formen.

»Das fände ich wunderbar.« Sareem strahlte. »Wie wäre es mit morgen?«

»Morgen?«, wiederholte sie. Er verlor wirklich keine Zeit.

»Dann beginnt das Fest. Alle sind unterwegs und besuchen die verschiedenen Veranstaltungen. Ich fände es schön, mit dir dort zu sein.« Ob es nun an seinen Nerven oder an der Aufregung lag: Sareem sprach schneller, als sie es je gehört hatte.

Vhalla schwirrte der Kopf. »Morgen.« Sie versuchte das Schwindelgefühl loszuwerden. »Ja, gern morgen.«

»Nur wenn es dir nicht zu viel ist«, sagte er plötzlich. »Ich weiß ja, dass du es gerade nicht so leicht hast.«

»Schon gut.« Vhalla war nun sehr erpicht darauf, ihn endlich loszuwerden.

»Ausgezeichnet. Dann komme ich morgen Vormittag zu dir.« Sareem blieb im Türrahmen stehen. »Bist du wirklich sicher, dass es dir gut geht? Ich könnte sonst auch über Nacht hierbleiben.«

»Ich komme klar«, sagte Vhalla entschlossen und ließ seinen Vorschlag als aufrichtige Sorge durchgehen.

»Na schön.« Sareem legte ihr die Hand in den Nacken und küsste sie auf die Stirn. Vhalla gab sich Mühe, ihn liebenswürdig anzulächeln. »Pass auf dich auf, liebe Vhalla«, sagte er sanft. »Ich werde von dir träumen.« Und damit verschwand er.

Noch lange Zeit danach stand Vhalla wie vor den Kopf geschlagen da und versuchte zu begreifen, was geschehen war.



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